Diagnostik und Therapie von Gedächtnisstörungen bei neurologischen Erkrankungen
Año de publicación: 2020
de|Der Begriff „Amnesie“ bedeutet eine isolierte, schwere Störung des Lernens
und Behaltens, während andere kognitive Funktionen wie z. B. Sprache oder
Intelligenzfunktionen weitgehend erhalten sind. Man unterscheidet die
„anterograde“ von der „retrograden“ Amnesie, eine Unterscheidung, die sich
auf den Zeitpunkt der Hirnschädigung bezieht. Eine anterograde Amnesie ist
die Unfähigkeit, Informationen und Erlebnisse, die nach einer Hirnschädigung
gelernt bzw. erfahren werden, zu behalten, während retrograde Amnesie die
Unfähigkeit beschreibt, Erinnerungen wieder abzurufen, die vor der
Hirnschädigung ins Gedächtnis gelangten. Die meisten Patienten mit
Gedächtnisstörungen, insbesondere nach Schädel-Hirn-Trauma, haben eine
ausgeprägte anterograde Amnesie, ihre retrograde Amnesie weist hingegen
häufig einen zeitlichen Gradienten auf und umfasst vor allem die Gedächtnisinhalte, die kurz vor dem hirnschädigenden Ereignis erworben wurden,
während länger zurückliegende Ereignisse unbeeinträchtigt abgerufen
werden können. Es finden sich jedoch auch Patienten, die bei erhaltenem
Neugedächtniserwerb nahezu ausschließlich retrograde Gedächtnisstörungen
aufweisen (Kopelman, 2002a; Markowitsch & Staniloiu, 2012).
Ein allgemeinerer Begriff ist der der „Gedächtnisstörung“. Er kann als
Oberbegriff für alle Einbußen des Lernens, Behaltens und des Abrufs gelernter
Information angesehen werden. Dieser Terminus ist sehr unspezifisch. Er sagt
nichts über die Ursache dieser Störung aus und darüber, ob es sich um
isolierte Gedächtnisstörungen handelt oder ob diese in Kombination mit
anderen kognitiven Störungen auftreten. Subjektive Gedächtnisstörungen
sind häufig und nehmen mit höherem Alter zu. Luck et al. (2018) konnten
zeigen, dass in einer gesunden Population von 40–79-Jährigen 53 % der
Befragten in irgendeiner Form über Gedächtnisprobleme klagten. Ob
subjektive Klagen über eine Verschlechterung der Gedächtnisleistung ein
Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenzerkrankung sind, wird aktuell
diskutiert (Jonker et al., 2000; Luck et al., 2018).